Das Schicksal ist ein mieser Verräter

Green, John, 2012
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Medienart Buch
ISBN 978-3-446-24009-4
Verfasser Green, John Wikipedia
Beteiligte Personen Zeitz, Sophie Wikipedia
Systematik DJ - Deutsche Jugendliteratur
Schlagworte Tod, Liebe, Krebs, Lebensmut, Krankheit, The Fault in Our Stars
Verlag Carl Hanser
Ort München
Jahr 2012
Umfang 285 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe John Green. Aus dem Engl. von Sophie Zeitz
Annotation Quelle: 1000 und 1 Buch (http://www.1001buch.at/);
Autor: Franz Lettner;
Man kriegt im Leben nicht immer, was man will. Die Welt ist eben nicht eine "einzige Wunscherfüllungsmaschine". Diese banale Wahrheit ist eine der ersten Erfahrungen, mit der jene, die frisch auf diese Welt kommen, konfrontiert werden - und sie ist schmerzhaft. Der Schmerz wird ein wenig kleiner, je öfter sie diese Erfahrung gemacht haben und irgendwann haben sie gelernt, sie als gegeben hinzunehmen, einen Gott dafür verantwortlich zu machen oder die Gesetzmäßigkeiten der Evolution, und sie reagieren wütend oder deprimiert, zynisch oder hingebungsvoll gelassen oder gar optimistisch auf Versagungen. Je nachdem. Mit manchen allerdings hat das Schicksal, dieser miese Verräter, es ganz böse gemeint - die Welt ist für sie nichts weniger als eine Wunscherfüllungsmaschine. Etwa für die Bewohner der "Krebsrepublik". Hazel Grace Lancaster gehört schon gut drei Jahre zu ihnen, seit ein Schilddrüsenkrebs ein Teil von ihr ist und ihre Lunge so grottenschlecht arbeitet, dass nächtens eine Beatmungsmaschine ihr die Arbeit abnehmen muss und tagsüber eine Sauerstoffflasche. Dass sie überhaupt noch lebt, ist einem Medikament im Forschungsstadium zu verdanken. Wie lange noch, steht in den Sternen. Alles in ihrem Leben ist eine "Nebenwirkung des Sterbens": ihre Schmerzen, die sie manchmal wünschen lassen, schon tot zu sein, Depressionen, die wechselnde Besetzung der Selbsthilfegruppe, die sie nur ungern besucht. Die Verzweiflung ihres Vaters, die Aufopferung ihrer Mutter. Anderen Menschen kommt Hazel nicht mehr nahe, schließlich sieht sie sich selbst als Zeitbombe: "Ich bin eine Bombe, und irgendwann gehe ich hoch, und ich würde die Zahl der Opfer durch Kollateralschäden gern minimieren, okay?"
Dass Hazel in der Selbsthilfegruppe Augustus kennenlernt, ist in Wirklichkeit auch eine Nebenwirkung des Sterbens. Ein Osteosarkom hat ihm ein Bein abgebissen. Zwar sind bei diesem Krebs die Heilungschancen gut, "[a]ber man kann nie wissen". Dass die beiden sich unsterblich ineinander verlieben, dafür ist dann allerdings nicht das Sterben, sondern John Green verantwortlich.
Von der Liebe hat der junge amerikanische Autor auch schon in seinen früheren Romanen erzählt: In "Eine wie Alaska" (2007) verliebt sich Miles Hals über Kopf in eine Mitschülerin und verliert sie nach dem ersten Kuss. In "Die erste Liebe [nach 19 vergeblichen Versuchen]" (2008) wird Colin neunzehn Mal verlassen - und leidet daran wie ein Hund. Und in "Margos Spuren" (2010) schließlich muss Quentin seinen Gefühlen zu Margo entlang kryptischer Botschaften nachjagen. Die Helden aller drei Bücher - aus deren Sicht auch erzählt wird - versuchen, die Liebe zu entschlüsseln, und die Heldinnen entziehen sich den Versuchen der jungen Männer weitgehend oder nachhaltig. In "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" (im Original "The Fault in Our Stars") geht Green anders vor und deutlich weiter: Er lässt das Mädchen erzählen und die Liebe der beiden grandios sich erfüllen. So wird der Roman zu einer intelligenten Feier großer Gefühle - des höchsten Schmerzes, der unendlichen Liebe und der tiefen Verzweiflung.
Dass das nicht zu einer Schmonzette gerät, hat mit der Gestaltung der jugendlichen Figuren zu tun und mit der Situation, in die Green sie stellt. Hazel und Augustus (und auch Issac, ein weiterer Bewohner der Krebsrepublik) sind typische Green-Figuren: klug, belesen, witzig, wortgewandt und schlagfertig, fähig zu Selbstironie, andern gegenüber meist großherzig. Wie ihre VorgängerInnen stellen Sie auch jene Fragen, die im Transitraum Jugend in besonderer Art und Kompromisslosigkeit gestellt werden: jene nach dem Sinn menschlicher Existenz und ihrem Leiden, nach der Bedeutung des Augenblicks und nach der wahren Liebe. Da die Bewohner der Krebsrepublik diese Fragen aber angesichts des Todes stellen, sind sie noch radikaler gezwungen, eine Antwort zu finden.
Der Aufgabe, darüber zu schreiben, stellt sich Green mutig und ohne Ausflüchte. Trotz des Ernstes der Lage bewahrt er sich aber den leichten Ton, ist in den Dialogen geschliffen und geschmeidig, in den Bildern souverän, in der Dramaturgie geschickt: Das Wechselbad der Gefühle, das er den LeserInnen beschert, ist gekonnt inszeniert, der Schrecken wird immer wieder abgefangen durch Witz, Slapstick, manchmal auch durch zynische Kommentare der Figuren.
Darüber hinaus ist "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" auch ein Roman über Literatur. Nicht nur werden große Dichter und Gedichte zitiert, es steht ein ganzes Buch mit dem Titel "Ein herrschaftliches Leiden" im Zentrum. Es ist dies das Lebensbuch der Heldin, das zum Motor für die Bewegung im Roman wird. Wer will, kann in diese Reflexion über die Bedeutung von Literatur (oder Kunst insgesamt), über ihre Wirkung und Nebenwirkungen, gleich jene Erfahrungen miteinbeziehen, die er selbst gerade beim Lesen von "Das Schicksal ist ein mieser Verräter" macht. In den Worten des fiktiven Autors des fiktiven Buches lauten die zentralen Fragen: "Hat das flüchtige Aufflackern von Bedeutung, das uns die Kunst beschert, in Anbetracht der Nichtigkeit unseres täglichen Kampfes überhaupt einen Wert? Oder besteht ihr einziger Wert darin, uns so angenehm wie möglich die Zeit zu vertreiben? Was erhoffen wir uns von einer Geschichte, Augustus? Das Schrillen von Alarmglocken? Den Ruf an die Waffen? Einen Morphiumtropf?"
Gute Fragen. Eine Antwort? Vielleicht ist Literatur zumindest manchmal eine Wunscherfüllungsmaschine, wenn schon die Welt diese Aufgabe nicht übernehmen will. Und ist für jeden das, was er gerade am Nötigsten hat. John Green jedenfalls erfüllt mit diesem Roman, den Sophie Zeitz gewohnt fein ins Deutsche übersetzt hat, ziemlich viele Wünsche ziemlich vieler LeserInnen. Es ist der Jugendroman des Herbstes. Nicht nur für Jugendliche.

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Quelle: bn.bibliotheksnachrichten (http://www.biblio.at/literatur/bn/index.html);
Autor: Cornelia Gstöttinger;
Zwei intelligente Jugendliche, beide sterbenskrank, finden einen Weg für ihre Liebe. (ab 14) (JE)
Worte gehen den beiden schlagfertigen Protagonisten in John Greens neuem Buch nie aus - der Rezensentin nach der Lektüre dieses bemerkenswerten Jugendromans um Liebe, Krankheit und Tod schon. Wie dieser wunderschönen Geschichte um die 16-jährige krebskranke Hazel, die gelernt hat, die Frage nach dem "Wie lange?" nicht mehr zu stellen, gerecht werden? Das Einfache zuerst: Stellen Sie das Juwel dieses Bücherherbstes, das Jugendlichen ab 14 sowie Erwachsenen kostbare Lektüremomente schenkt, unbedingt ein!
Die Ich-Erzählerin Hazel war dreizehn, als sie die Diagnose Krebs bekam. Ein neues Medikament schenkt ihr mehr Zeit, doch Hazel geht auf Abstand zu den Menschen. Sie weiß um ihren nahen Tod, will niemanden verletzen, keine Narben im Leben anderer hinterlassen. Ein unhaltbarer Vorsatz, denn dann taucht der selbstbewusste Augustus Waters in der Selbsthilfegruppe auf und lockt Hazel mit seinem liebenswerten Charme hinaus ins Leben. Er ermöglicht ihr eine Reise nach Amsterdam, damit sie den Autor ihres Lieblingsbuches kennenlernen kann. Und Hazel merkt: Sie mag diesen unheimlich süßen, humorvollen Jungen sehr, sehr gern.
Der erfolgreiche amerikanische Autor überzeugt einmal mehr mit starken Figuren, geschliffener Prosa und grandiosen Dialogen voller Poesie, intelligentem Witz und jugendlich-frecher Frische. Green schreibt ehrlich und direkt über das Sterben, er lässt Hazel und Gus tiefgründig über Literatur und die großen philosophischen Fragen des Lebens diskutieren. Von der unbegreiflichen Gleich 1e38 gültigkeit des Universums gegenüber dem Schicksal Einzelner ist da die Rede, aber auch davon, dass schon eine kleine gemeinsam verbrachte Unendlichkeit sehr, sehr viel sein kann. Obwohl die Figuren bis zuletzt Humor bewahren und auf beeindruckende Weise mit ihrer Krankheit umgehen, ist das Buch tieftraurig und geht einem in der Intensität seiner authentischen Schilderungen unweigerlich nahe. Ein großer Roman über Trauer, Wut und das Leben an sich, eine bewegende, ungemein zärtliche Liebesgeschichte, ein besonderes Buch für Menschen, die Fragen stellen. Für alle Bibliotheken!

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Quelle: STUBE (http://www.stube.at/);
Hazel ist 16 und dem Schilddrüsenkrebs knapp entkommen. Ein fiktives Medikament
stundet ihr Leben und stilisiert sie zur vorläufig gesundeten Außenseiterfigur.
Zurückgezogen lässt sich Hazel lediglich zu einer Selbsthilfegruppe drängen eine
skurrile Parodie ihrer selbst. Dort trifft sie den einbeinigen Gus. Beruhend auf der
entwaffnenden Ehrlichkeit der beiden entsteht eine innige Freundschaft, immer an der Kippe zur Liebesgeschichte, der Hazel sich jedoch verweigert, um Gus zu schützen. Mit dem John Green eigenen schwarzen Humor wird die Geschichte einer Liebe mit Ablaufdatum erzählt, ohne je Krankheit als Form besonders tapferer Lebensbewältigung zu inszenieren.
*STUBE*

Der Frage nach der Rechtfertigung Gottes im Angesicht des menschlichen Leidens wird in Kunst und Literatur auf vielfache Weise gestellt die Jugendliteratur jedoch zeigt sich der Theodizee gegenüber thematisch zurückhaltend. Selten reflektiert das Leiden an sich selbst und an der Welt, das die Adoleszenzphase und damit auch die moderne Adoleszenzliteratur bestimmt, auf die Frage nach einem Gott, wie das zum Beispiel Ödön von Horvath in Jugend ohne Gott sehr wohl getan hat. Ein spezifischer, abseits solcher Kriegserfahrungen verorteter Leidensprozess hingegen wird in der modernen Jugendliteratur gerne unter dem Label ungebrochener Zuversicht präsentiert. Doch: Das Leben ist keine Wunscherfüllmaschine. Der Anspruch, das Leben zu lieben, greift für Figuren wie Hazel, Gus oder Isaac zu hoch; vielmehr geht es darum, das Leben zu leben und dabei die eigene Würde zu wahren. Mit der Liebe hingegen hat man gelernt, vorsichtig umzugehen; und wohl gerade deswegen entstehen unvergleichliche Liebesbeziehungen zwischen den Jugendlichen. Hazel Grace Lancester ist 16 und dem Tod durch Schilddrüsenkrebs nur knapp entkommen. Das fiktive Medikament Phalanxifor ermöglicht es dem amerikanischen Erfolgsautor John Green, Hazels Leben zu stunden, und sie als Außenseiterfigur auf den fragilen Untergrund vorläufiger gesundheitlicher Stabilität zu stellen. Ihre Sauerstoffflasche ständig im Schlepptau verlässt Hazel nur selten das sichere Umfeld der eigenen vier Wände und zieht sich zuallererst in eine Welt der Bücher zurück. Wozu sie sich von ihrer Mutter noch drängen lässt ist eine Selbsthilfegruppe krebskranker Jugendlicher, die John Green als Parodie ihrer selbst beschreibt und damit einen humorvollen Ausgangspunkt nicht minder skurriler Begegnungen wählt: Isaac, der kurz vor einer Augenoperation steht, die ihn zwar vom Krebs befreien, dafür aber erblinden lassen wird, wird erstmals von einem Freund begleitet Augustus Waters, genannt Gus, dem es mit seinem schiefen Lächeln gelingt, Hazel aus der Reserve zu locken. Gus ist 17 und hat eines seiner Beine an ein Osteosarkom verloren, gilt derzeit aber als krebsfrei. Zwischen ihm und Hazel entwickelt sich eine spröde Freundschaft, immer an der Kippe zur Liebesgeschichte, der Hazel sich jedoch verweigert: Sie will nicht riskieren, dass Gus eigener Schmerz noch durch den Verlustschmerz gesteigert wird, sollte das Phalanxofor seine Wunderwirkung verlieren oder Hazels Problem mit dem sich ansammelnden Wasser in der Lunge eines Tages irreparabel sein. Das Gefühl des von Gott verlassen Seins, das Jesus schmerzerfüllt am Kreuz formuliert, wird hier auf die unterschiedlichen Beziehungsmuster in Freundeskreis und Familie transferiert. Der eigene Schmerz spiegelt sich stets in der Sorge der nahestehenden Menschen und potenziert sich im Gefühl, anderen allein durch die eigene Existenz Schmerz zufügen zu müssen und damit umso verlassener zu sein. Es ist schrecklich, mit 16 zu sterben, formuliert Hazel einmal mit Blick auf ihre Mutter; aber wie schrecklich muss es erst sein, eine Tochter zu haben, die mit 16 stirbt? Zum dramaturgischen Wendepunkt wird eine gemeinsame Reise von Hazel und Gus nach Amsterdam, mit der Gus Hazel ihren größten Wunsch erfüllen will: den Autor ihres Lieblingsromans zu treffen und ihm Fragen zu seinem Werk zu stellen, das endet wie auch das Leben: Von einem Moment auf den anderen. Das mit Überschwang Erhoffte tritt nicht ein; dafür jedoch erfüllt sich eine stille Sehnsucht der beiden. Doch auf andere Weise als erwartet wird ihrer Liebesgeschichte (erneut) ein Ablaufdatum aufgedrückt und hier beginnt John Green den trockenen Humor seines Erzählens (bestimmt durch die Dialoge zwischen Hazel, Gus und Isaac), sowie seine Direktheit im Umgang mit seinen Figuren und deren (körperlichen wie emotionalen) Deformationen mit entwaffnender Ehrlichkeit zu kombinieren. Zu sterben ist kein heroischer Akt; es hat mit körperlichem Verfall und dem Verlust der eigenen Würde zu tun aber auch mit der Loyalität jener, die lieben und glauben. Der Schmerz verlangt, gespürt zu werden, formuliert Gus einmal. Dies gilt auch und insbesondere für den Lektüreprozess dieses Buches, das so sehr gegen den Strich von sommerlicher Lektüre gearbeitet und erzählerisch dennoch so scheinbar leichtfüßig gestaltet ist, dass sich die bitteren Tränen dann doch am Salzwasser südlicher Meere am besten weinen.
Religion im Kinderbuch
*STUBE* Heidi Lexe

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